50 Jahre danach: Sacharows „Reflexionen…“ (Размышления…) in der New York Times, 22. Juli 1968

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Andrej Sacharow (1921-1989), Aufnahme ca. 1970

Am 22. Juli 1968 erscheint Sacharows Selbstverständigungstext „Gedanken über Fortschritt, friedliche Koexistenz und geistige Freiheit“ auf den Seiten 14-15-16 der New York Times — zuerst am 6. 7. /13. 7. weniger beachtet in der niederländischen Zeitschift Het Parool.

Am 9. August (Übersetzung aus dem Englischen) in der ZEIT.  Ende 1968 erscheint der Text (übersetzt aus dem russischen Original) mit zahlreichen Artikeln u.a von Böll und einem eigenartigen Nachwort von Max Frisch im Diogenes-Verlag:  unter dem Titel „Wie ich mir die Zukunft vorstelle.“
KGB-Chef Jurij Andropow wußte von dem Text seit April 1968, am 22. Mai 1968 hatte er das ZK der KPdSU darüber informiert (Rubinstein/Gribanov. The KGB File of Andrei Sakharov, Yale Univ Press 2005). Wohl kaum jemand im sowjetischen Führungszirkel rechnete damit, dass das Manuspript so schnell in den Westen gelangen könnte, dass Sacharow es wagen könnte, sich „auf die andere Seite“ zu stellen.  Dabei war der Text in der Diktion und in den vorgeschlagenen politischen, sozialen und ökonomischen Schlussfolgerungen alles andere als „anti-sowjetisch“. Erst fünf Jahr später wendet sich Sacharow endgültig von Sowjetsozialismus ab.
Siehe mein Artikel dazu in osteuropa (2014).

Aus aktuellem Anlass, speziell auch dazu mein SWR2 Radio Feature (2012): Metamorphosen eines Kämpfers. Begegnungen mit Andrej Sacharow (nicht mehr auf den ARD Seiten) —  hier zu hören
Zum 100. Geburstag: am 21. Mai 2021 eine weitere SWR2 Radiodoku mit Blick auf die Sacharow-Rezeption im Westen vor 1989.

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Titelseite der Schrift mit handschriftlichen Ergänzungen Sacharows in der Ausstellung des Sacharow-Archivs Moskau [Foto: Michael Hänel, 2012]

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